Lange wurde es vorbereitet und nun ist es endlich soweit. Unser neues Projekt „Erziehungsberatung an Grundschulen“ (EB an GS) nimmt seit diesem Schuljahr 2021/2022 immer mehr Gestalt an. Mit vier Fachkräften ist unsere Beratungsstelle nun auch an sechs Grundschulen in Au/Haidhausen durch wöchentliche Sprechzeiten für Eltern, Kinder und Fachkräfte vor Ort vertreten. Dabei soll das neue Angebot Kindern und Eltern einen niederschwelligen Zugang zur regional verorteten Erziehungsberatung ermöglichen, um individuelle, familiäre und schulische Probleme besser bewältigen zu können. Auch allgemeine Fragen zur Erziehung und Entwicklung können thematisiert werden. Lehrkräfte und Schulleitungen sollen von dem neuen Angebot ebenfalls profitieren, indem sie sowohl bei Einzelfällen als auch bei Themen, die die soziale Interaktion in der Klasse betreffen, beraten und unterstützt werden können. Besonders wichtig ist die Tatsache, dass die Beratungen in den bereitgestellten Räumen der Schule stattfinden können, jedoch freiwillig und kostenfrei sind und der Schweigepflicht unterliegen.
Hintergrund des Projekts ist ein vom Stadtrat genehmigter Beschluss, nach dem alle Grundschulen, die keine Schulsozialarbeit haben, psychosoziale Unterstützung durch das neue Angebot der EB an GS bekommen sollen. Dabei ist die Fachkraft EB an GS Teil des regionalen EB Teams und somit in einer Art Satellitenfunktion mit ca. der Hälfte ihrer Arbeitsstunden vor Ort an den Schulen tätig. Die restliche Arbeitszeit ist für Vernetzungs-, Dokumentations- und Kommunikationsarbeit sowie Supervision bzw. Fallbesprechung vorgesehen. Die Grundschulen im Viertel haben das neue Angebot bisher sehr dankend angenommen und auch die Eltern, Lehrkräfte und Schulleitungen haben sich bisher mit den unterschiedlichsten Themen an die Fachkräfte gewandt. So standen im Fokus der Beratungen unterschiedliche Fragen des familiären Zusammenlebens sowie individuelle Probleme. Es ging u.a. um die Themen Grenzen und Konsequenzen im Erziehungsverhalten, um die Frage nach Regeln im Familienalltag, um den Umgang mit Ängsten, Aufmerksamkeitsproblemen, Rückzugstendenzen und Vermeidungsverhalten. Des Weiteren waren unangenehme Gefühle, wie Wut und Trauer sowie Konflikte zwischen Mitschülern und Geschwistern Bestandteil der Beratungen. Der adäquate Umgang mit den psychischen Grundbedürfnissen der Kinder, wie Bindung bzw. Zugehörigkeit, Unlustvermeidung bzw. Förderung der Anstrengungsbereitschaft, Selbstwertstärkung, Selbstständigkeit bzw. Autonomiebestrebungen wurden thematisiert. Die Vernetzungsarbeit nimmt zudem einen großen Teil der Beratungszeit in Anspruch: So ging es um diagnostische Einschätzungen und die Anbindung an geeignete Hilfezentren oder die Weiterleitung an die zuständigen Schulpsychologen*innen zur Erstellung von benötigten Attesten bei Teilleistungsstörungen. Bei Fragen die das Klassenklima, Konfliktlösestrategien und die Prävention von Mobbing betrafen, konnten externe Anbieter, die im Tandem arbeiten, organisiert werden. Der Austausch mit Kolleg*innen der außerschulischen Nachmittagsbetreuung, u.a. zur Einschätzung der Gruppendynamik fand ebenfalls statt. Beim Verdacht auf Kindeswohlgefährdung konnten die Fachkräfte begleiten um Fachberatungen nach §8a bei der zuständigen ISEF Kolleg*in der EB zu organisieren.
Auch in diesem Schuljahr stellt Corona den Schulalltag, u.a. durch Quarantäne Maßnahmen immer wieder auf den Kopf. Gerade in unsicheren Zeiten können die EB an GS Fachkräfte vor Ort in der Schule oder in der zuständigen EB eine zuverlässige Anlaufstelle bieten um Sorgen, Ängste, Belastungen, Enttäuschungen und Herausforderungen des Alltags zu besprechen. So kann Mut, Zuversicht und Hoffnung gefasst werden um die kleinen und großen Probleme des Alltags zu bewältigen. Um auch in diesen besonderen Zeiten, in denen Gruppenangebote schwierig umsetzbar sind, Eltern zu erreichen, ist ein digitaler Infoabend für Eltern geplant. Wir sind gespannt wie sich das Angebot Erziehungsberatung an Grundschulen weiterentwickelt und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den Schulen.
Wiebke Schulze-Neuhoff und Lisa Geiger