×

Archiv Lesenswert

<<< zurück zur Auswahl

Kinderpsychodramagruppe Wächter und Häschen

Charlotte Widmann (Dipl. Sozialpädagogin) Maria Demmelmeyer (Dipl. Sozialpädagogin); Erziehungsberatungsstelle der pro familia, München Neuaubing

 


>pdf

Seit Oktober 2018 führen wir, zwei Mitarbeiterinnen der Erziehungsberatungsstelle, eine Kin­der­psychodramagruppe durch. Dies ist eine auf der Grundlage des Erwachsenenpsycho­dramas von A. Aichinger und W. Holl entwickelte ressourcenorientierte Methode, mit Kindern thera­peutisch zu arbeiten. Die Gruppe soll ein Schuljahr dauern, unterbrochen von den Schulferien.

Die Kinder ...

Wir wollen mit vier Kindern die Gruppe beginnen. Im Alltagsbetrieb einer Erziehungsberatungs­stelle ungefähr gleichaltrige Kinder zu finden, die regelmäßig am Nachmittag kommen können, ist nicht einfach. Eltern arbeiten, die Kinder besuchen Horte. Zwei Mädchen und zwei Jungen, die schon unterschiedlich lang aus der Einzeltherapie bekannt sind, werden teilnehmen. Wir ge­hen davon aus, dass ihr Entwicklungsstand ähnlich ist, es damit um die „Bewältigung gleicher Entwicklungsaufgaben geht und die gespielten Themen eine ähnliche Bedeutung haben..“ (A. Aichinger, W. Holl, 2010, S. 20).

Eine Mitarbeiterin kannte die zwei Mädchen, die Kollegin die zwei Jungen. Die Anmeldegründe waren bei einem Jungen, nennen wir ihn Adis, ängstliches Verhalten, Weinen. Er konnte auch nicht am Unterricht teilzunehmen nachdem er nicht altersgemäße, brutale Videos am Handy gesehen hatte. Er ist acht Jahre alt, besucht die zweite Klasse - wo er auch erfolgreich ist - hat einen vier Jahre älteren Bruder und eine sechs Jahre jüngere Schwester. Adis kommt aus einer irakischen Familie, die seit drei Jahr in Deutschland lebt, mit inzwischen gesichertem Aufent­halts­status.

Das zweite Kind ein achtjähriges Mädchen, nennen wir sie Karina, kam schon in die Einzel­the­rapie wegen Schwierigkeiten, sich im Kontakt zu anderen Kindern angemessen zu verhalten. Auch Karina ist acht Jahre alt, sie besucht die zweite Klasse und ist Einzelkind. Ihre Eltern sind deutsch. Karina wünscht sich sehr eine Freundin zu haben, drängt sich gleichaltrigen Mädchen dann in einer Weise auf, so dass diese Abstand nehmen.

Beim dritten Kind, einem Jungen, nennen wir ihn Felix, waren die Anmeldegründe oppositio­nelle Verhaltensweisen im schulischen Kontext. Felix ist auch acht Jahre alt, besucht erfolgreich die zweite Klasse. Er ist Einzelkind. Er kommt aus einer chinesischen Familie mit sehr hohen Leistungsanforderungen.

Das vierte Kind ist ein neunjähriges Mädchen, wir nennen sie hier Lisa. Sie lebte bis vor knapp zwei Jahren bei ihrer Mutter, bis diese von einem Moment auf den anderen wegen eines Be­trugs­delikts inhaftiert wurde. Lisa lebt seitdem beim Vater und sieht die Mutter nur alle paar Wochen zu den Besuchsterminen. Der Vater wünschte für sie und sich selbst Begleitung und Unterstützung in dieser schwierigen Lebensphase.

 ...und ihre Bedürfnisse

Alfons Aichinger bezieht sich auf die Konsistenztheorie von Grawe und beschreibt vier Grund­bedürfnisse von Kindern (Aichinger, 2004, S.121):

  • Bindung
  • Orientierung und Kontrolle
  • Selbstwerterhöhung
  • Unlustvermeidung und Lustgewinnung

Ergänzend beschreiben Deci und Ryan (zit. nach Klemenz 2007 in Gabriele Weiss, S.26)

  • Kompetenz und Wirksamkeit
  • Autonomie und Selbstbestimmung
  • Soziale Eingebundenheit und Zugehörigkeit

Kinder sind immer bemüht darum, sogenannte Annäherungsstrategien zu entwickeln, dass diese Bedürf­nisse erfüllt werden. Gelingt es nicht die Bedürfnisse zu befriedigen, „schützt sich der Orga­nismus durch Vermeidungsstrategien vor Verletzungen. Herrschen diese vor oder sind widersprüchliche Intentionen im Streit, kommt es zur Inkonsistenz im psychischen Gesche­hen“ (Aichinger, 2012, S.121). Die „Inkonsistenz im psychischen Geschehen“ ist Bedingung für Ver­hal­tensauffälligkeiten. Wird ein Bedürfnis nicht befriedigt oder ist gar in der Gefahr verletzt zu werden, beherrscht es die anderen Grundbedürfnisse des Kindes. Oft tritt dann ein Anteil in den Vordergrund und „dominiert“ die anderen Bedürfnisse, so dass eine „Störung oder ein Symp­tom“ durchaus „sinnvoll“ ist.

„Solche Symptome lassen sich dann verstehen und behandeln nicht als reines Defizit, sondern als (oft unterbewusste) Interventionen im Dienste bestimmter Bedürfnisse, in ihren Auswirkun­gen können sie als beziehungsgestaltende Kompetenzen bewertet werden.“, (G. Schmidt, 2004, S.17). Für Aichinger zeigt somit der Symptomteil auch Informationen darüber, welche Verhal­tens­wie­sen, Gefühle, Einstellungen, Rollen, welche Identität, welche Erfahrungen in einem „ganzen“ Leben mehr gelebt werden sollten. (lt. Aichinger, 2012)

Bei Angst und Aggression dominiert das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit und Kontrolle. Wenn unser „innerer“ Soldat, Wächter oder Löwe jedes Wesen, das sich uns annähert, vernichtet und bekämpft, dann kann der kleine „innere“ Hase keine Kuscheleinheiten erhalten. Er bleibt alleine und unser Bedürfnis nach Bindung kann nicht befriedigt werden.

Unsere Gruppenkinder Adis, Karina, Felix und Lisa haben unterschiedlich dominierende Bedürf­nisse:

Adis überwiegendes Bedürfnis ist es, Orientierung und Kontrolle zu behalten. Der Eindruck der brutalen Videos („Slenderman“, “Chucky“, „die Mörderpuppe“) verstörten ihn und ließen ihn seinen Halt verlieren. Die Fluchtgeschichte aus dem Irak wird von den Eltern als unspektakulär beschrieben, weil sie mit dem Flugzeug erfolgte. Trotzdem kann man davon ausgehen, dass die­ser Schritt für die ganze Familie dramatische Momente hatte und Ängste und Sorgen an den Kindern nicht vorbei gingen.

Karinas größter Wunsch ist es, Freundinnen zu haben, sich sozial eingebunden zu fühlen. Sie möchte in dem Gefühl des Eingebundenseins Selbstwerterhöhung erleben.

Felix erlebt hohe Leistungsanforderungen und kann trotz guter Leistungen vor allem seinen Va­ter nicht zufrieden stellen. Er sehnt sich nach Anerkennung, um seinen Selbstwert zu erhöhen.

Lisas vorrangiges Bedürfnis nach dem Verlust ihrer Hauptbindungsperson, ist der Wunsch nach Bindung und Sicherheit.

Warum Kinderpsychodramagruppe?

Die Gruppe von Gleichaltrigen ist für die Entwicklung von Kindern - neben der Familie - von gro­ßer Bedeutung. Die Beziehungen zu Gleichaltrigen sind sozusagen "Entwicklungshelfer". Im Spiel der Gruppe können Konflikte aktiv ausgespielt werden und dabei neue Rollen erprobt wer­den. Kommunikation und Kooperation können geübt werden. Spielen ist die kindgemäße Art der Kommunikation und daher auch die passende Art, wie Kinder ihre Schwierigkeiten ge­meinsam bearbeiten können.

Im "Symbolspiel", im "So-Tun-Als-Ob", inszenieren Kinder - wie auf einer Bühne - ihre inneren Themen, aus denen Aufgaben und Konflikte erwachsen, die in der Rolle bewältigt werden. So kann sich das Kind seiner ureigenen kreativen und schöpferischen Kraft wieder bemächtigen. Auf der Symbolebene ist das Kind ein anderes Wesen, es herrscht eine andere Zeit, auch der Ort ist wählbar. Durch die Externalisierung eigener Anteile in die Figuren sinkt die Belastung.

Struktur der Gruppe

Jede Gruppensitzung ist ein einmaliges Ereignis, geschaffen von den Kindern und den beiden LeiterInnen voller Spontaneität und Kreativität. Dennoch ist die Einhaltung einer Struktur wich­tig, um Sicherheit und Vertrauen zu ermöglichen. Es gibt drei Phasen: die Anfangs-, Spiel- und Abschlussphase.

In der Anfangsphase muss ausgehandelt werden, welche Spielidee, welche Geschichte die Kin­der verfolgen wollen. Im Anschluss daran äußert jedes Kind einen Rollenwunsch. Meist ent­scheiden die Kinder, welche Rolle sie sich für die TherapeutInnen wünschen. Dann wird die „Bühne“ aufgebaut, jedes Kind verkleidet sich seiner Rolle entsprechend und schafft sich seinen eigenen Platz. Vor dem Spielen beschreiben die Leiter die einzelnen Plätze und Szenen.

Durch ein Ritual wird der Beginn des Spiels, die Spielphase markiert. Der Raum wird leicht ver­dunkelt. …  Es wird es hell, der Tag beginnt. ... Die Menschen/Tiere erwachen. Die Geschichte beginnt.

Die Abschlussphase wird einige Minuten vorher angekündigt, so dass die Kinder Ihre Ideen möglichst zu Ende spielen können. So fällt es ihnen auch leichter sich aus der Rolle zu verab­schieden. In einer gemeinsamen Schlussrunde findet eine kurze Nachbesprechung statt. Die Kinder sagen, was ihnen gefallen hat und was ihnen nicht gefallen hat. Die TherapeutInnen ge­ben ein Feedback zu den Rollen und der Rollenausgestaltung.

Kindliche Inszenierungen und Rolle der TherapeutInnen

Bedürfnisbefriedigung: sehr eindeutig zeigen Kinder ihren Wusch nach Versorgung. Sie wollen bewundert oder vermisst werden.

Rollenwechsel und Rollenumkehr: “Rollenumkehr bedeutet für das Kind die Realität im Sinne eigener Bedürfnisse zu verändern. Anders als Erwachsene gehen Kinder nicht noch einmal in die real erlebte Situation, bedroht, beschämt oder missachtet zu sein, sondern weisen diese schwachen, ohnmächtigen Rollen den Therapeuten zu und übernehmen selbst die Rollen der Mächtigen, Starken, Mutigen und Autonomen.“(G.Weiss, 2010, S.93).

Anstiftung: Die TherapeutInnen müssen die Ernsthaftigkeit der Symbolebene verkörpern. Die Rollen müssen nach den Anweisungen der Kinder gestaltet werden, bzw. ans Spiel der Kinder angepasst sein und nicht nach eigenen unreflektierten Projektionen.

Strukturierung: Die TherapeutInnen erinnern die Kinder an die realitätsorientierte Grenzen ih­rer Rollen (Eine Maus kann nicht mit dem Schwert kämpfen.) und die Realität der Kulisse (Mau­ern können nicht durchschritten werden.). Bei Grenzüberschreitungen werden die Kinder an die „So-tun-als-ob-Regel“ erinnert und dabei unterstützt, Rollen auszuhandeln.

Doppeln: Das Doppeln ist eine Basistechnik des Erwachsenenpsychodramas, der Therapeut tritt hinter den Protagonisten, fühlt sich ein und verbalisiert seine Gefühle. Im Kinderpsychodrama übernehmen die Therapeuten Rollen, in denen sie ein einfühlendes, stützendes oder explorie­ren­des Doppel oder Doppelgänger der Kinder werden.

Beim einfühlsamen Doppeln doppeln die TherapeutInnen aus ihrer Rolle heraus die Gefühle und Handlungen der Kinder in ihrer Rolle. Dem Kind wird dabei geholfen sich selbst wahrzu­neh­men.

Das stützende Doppeln wird eingesetzt, wenn ein Kind Schwierigkeiten hat, seine Rollen auszu­führen. Aus seiner eigenen Rolle heraus, kann die TherapeutIn Impulse geben, um das kindliche Rollenrepertoire zu erweitern.

Das explorierende Doppeln geschieht in der Form des Selbstgesprächs der TherapeutIn, eines Dialogs der beiden TherapeutInnen oder einer auch in der Form eines fiktiven Dialogs am Tele­fon. In diesen Gesprächen werden Fragen aufgeworfen nach der Absicht, die hinter einem Ver­halten steht.

Ambivalenz doppeln: Die beiden Therapeuten drücken in ihren Rollen im Zwiegespräch die sich im Widerstreit befindlichen Gefühle des Kindes aus, z.B.: Mut und Ängstlichkeit, Dynamik und Zaudern.

Spiegeln: Die Aufgabe des Therapeuten ist, die in der Rollenumkehr erlebten Gefühle auszudrü­cken und damit dem Kind seine Emotionen, die es selbst nicht mehr erlebt, sondern in die Symptomatik eingebunden hat, widerzuspiegeln.

Deutende Intervention: Im Psychodrama ereignet sich Einsicht durch Handlung. Daher ergeben sich Deutungen immer nach einer psychodramatischen Aktion. Die Therapeutinnen können da­bei ihre Gegenübertragungsgefühle  für ihre Deutung nutzen. Diese Intervention sollte zurück­haltend eingesetzt werden. Meist ist es besser, die Kinder ziehen Ihre eigenen Schlüsse

Exemplarische Darstellung einer Sitzung (4.Stunde)

Es werden alle Kinder rechtzeitig gebracht. Wie bei den vorherigen Malen herrscht große Un­ruhe, es fällt den Kindern schwer auf ihren Stühlen zu sitzen, obwohl die Anfangsrunde in ein anderes Zimmer ausgelagert wurde. Die Kinder haben Ideen zu ihrer Rolle, es fällt ihnen aber sehr schwer eine gemeinsame Spielidee zu entwickeln.

So haben wir es zunächst mit einem Adler (Adis), einer Wache (Felix) und zwei Goldhamstern mit braunem Fell und weißen Flecken (Karina und Lisa) zu tun. Der Adler und die Wache sollten die Hamster bewachen. Die Idee zur Hamsterrolle kam von Lisa. Karina wollte mit ihr gemein­sam die gleiche Rolle ausfüllen.

Den Therapeutinnen wurde die Rolle der Pflegerin und des „Bösen“ zugewiesen. Wobei die Therapeutin, die die Rolle des „Bösen“ innehat, bis zu ihrem Einsatz eine Helferin auf der Burg ist. Der „Böse“ soll versuchen, die Hamster zu stehlen und zu fressen. Das soll ihm aber nicht gelingen, weil Adler und Wache gut auf die Hamster aufpassen. Die Geschichte soll in einer Burg stattfinden, der Adler lebt auf dem Turm. Der Wächter hat ein Wachhäuschen. Die Hams­ter sollen einen Käfig mit Freigehege haben. Der „Böse“ soll hinter dem Wald der Burg leben.

Nach Festlegung von Spielidee und Rollen, werden die verschiedenen Behausungen, die „Bühne“ im Gruppenzimmer der Beratungsstelle hergestellt. Dafür und auch zum Verkleiden haben wir Polster in verschiedenen Größen, Stoffe und Seile, die wir im Raum verspannen kön­nen. Mit verschiedenen Stoffen und Materialien werden Mauern, Höhlen und Wald nachgebil­det und so fast greifbar der Raum verwandelt. Die Planung und Gestaltung der Spielidee nimmt ziemlich viel Zeit in Anspruch - fast die Hälfte der Stunde. Andererseits haben wir schon erfah­ren, dass eine gute Planung dringend notwendig ist, um das Spiel gelingen zu lassen.

Das Spiel beginnt:

Die Hamster kuscheln in ihrer Höhle, werden mit Fressen versorgt, gestreichelt. Die Wache und der Adler wollten am liebsten sofort gegen den Bösen zu kämpfen beginnen - werden aber von den Therapeutinnen noch angeregt, sich auf den Kampf vorzubereiten durch Trainings und Flugübungen. Damit wird das Spiel verlangsamt und die Spannung erhöht. Die Hamster tollen im Freigehege. Die Rolle des Bösen wird situativ in Absprache mit den Kindern noch etwas aus­gestaltet: Sollte man ihn schon hören oder schleicht er sich leise heran? Er schleicht sich leise heran, kann aber natürlich vom Adler gesehen werden. Es soll dem Bösen gelingen in die Burg einzudringen und die Hamster aus der Höhle zu ziehen (Wunsch der Hamster)...wird aber in letzter Sekunde gemeinsam von Wache und Adler, mit Schwert, Krallen und Flügelschlagen un­tauglich gemacht, gefesselt und eingekerkert. Mit dieser Schlussszene ist das Spiel zu Ende.

In der kurzen Auswertungsrunde äußern sich die Jungs sehr zufrieden, ihnen habe alles gefal­len. Den Mädchen als Hamster gefiel die Situation, als sie geraubt wurden. Sie hätten aber auch gerne mehr aktiv gekämpft.

Anhand einiger Beispiele aus dem Gruppenverlauf wollen wir die schon erklärten therapeuti­schen Interventionen genauer beschreiben.

Bedürfnisbefriedigung

In unterschiedlichen Situationen wünschen sich die Goldhamster von der Pflegerin versorgt zu werden. Sie werden von ihr gefüttert, sie schaut immer wieder nach ihnen. Auch die Hamster suchen den Kontakt zu ihr. Von den Goldhamstern geht der Wunsch aus, etwas Neues zu erle­ben – gemeinsam entwickelt sich die Idee, für die Hamster ein „Freigehege“ zu bauen. Dort su­chen sie nach weiteren Bewegungsmöglichkeiten (durch Tunnel krabbeln, unter Hindernissen durch). Die Pflegerin unterstützt die Goldhamster auch dabei und bietet ihnen damit Schutz und Orientierung.

Strukturierung

Grundsätzlich ist es immer wieder notwendig, die Kinder an die Grenzen ihrer Rollen zu erin­nern. So ist es einem Adler nicht möglich mit einer Waffe zu kämpfen. Allerdings kann er mit seinem spitzen Schnabel und seinen Krallen Menschen und Tieren durchaus gefährlich werden. Genauso kann die Wache in dieser Geschichte nicht durch eine Wand gehen und die Goldhams­ter können den „Bösen“ nicht festhalten.

Einfühlsames Doppeln

Die Goldhamster genießen es sehr versorgt zu werden, in ihrer Höhle zu kuscheln. Die Pflegerin doppelt in ihrer Rolle: „Den beiden Hamstern gefällt es richtig gut, versorgt zu werden und ei­nen anderen Hamster als Freund an ihrer Seite zu haben. Sie werden von der Wache und dem Adler so gut beschützt, dass ihnen gar nicht passieren kann.“ „Über das einfühlsame Doppeln erhalten die Kinder die Empathie der TherapeutInnen, die sie brauchen, um ein Gefühl für sich selbst entwickeln zu können“, (Aichinger, Holl; 2010, S. 73).

Stützendes Doppeln

Über das stützende Doppeln wird die Intention des Kindes aktiv unterstützt und eine Entwick­lung und Erweiterung der Themen und des Rollenrepertoires ermöglicht. Wache und Adler wol­len heute gleich los und gegen den „Bösen“ kämpfen. Die Helferin äußert dann in einem Selbst­gespräch, dass der „Böse“ wohl sehr gefährlich und stark sei. Dass es deswegen sehr gut wäre, wenn die Wache sehr gut vorbereitet und trainiert wäre. Dies bewirkt dann doch, dass Wache und Adler noch einen besseren Plan überlegen und noch etwas üben.

Spiegeln

Lassen sich die Therapeuten auf die übertragenen Rollen ein, können sie, die in ihnen aufkom­menden Gefühle der Wut, Trauer, Ohnmacht wahrnehmen und so die Kinder verstehen. Sie können im Spiel den Kindern ihre Verzweiflung, Wut Angst widerspiegeln. Es gibt auch die Spie­gelrollen, bspw. einen Fernseh- oder Rundfunkreporter/Forscher um den Kind sein Verhalten und dessen Auswirkung auf Beziehungen aufzuzeigen.

Heute in der Stunde gibt es viele Möglichkeiten zur Bewun­derung und Spiegelung. Die Gold­hamster sind sehr liebens­werte, sehr bewegungsfreudige, wendige Tiere mit wunder­ba­rem Fell. Sie bewältigen schwierige Bewe­gungs­anforderungen. Die Wache ist sehr engagiert, trainiert sehr intensiv und genau und ist für den Kampf bestens gewap­pnet. Außerdem beschützt sie alle sehr gut.  Der Adler ist ein beindruckender Vogel mit großer Flügelweite. Er beob­achtet alles ge­nau und informiert sofort die Wache, wenn Gefahr droht. Im Spiel ist es immer wieder möglich diese besonderen Fähigkeiten  aller zu spiegeln und damit das Grundbedürfnis nach Selbstwert­erhöhung etwas zu be­friedigen.

Nach inzwischen 15 Kindergruppensitzungen sind wir immer wieder beeindruckt, wie deutlich die Kinder in der Gruppensituation ihre Themen präsentieren.Einerseits ist das Spiel und die Gruppendynamik für alle Beteiligten herausfordernd und anstrengend, andererseits sehr befrie­digend, da so spürbar wird, dass Veränderung möglich ist.

 

Ch.Widmann; M. Demmelmeyer

 

Literatur:

A. Aichinger, W. Holl; Gruppentherapie mit Kindern, Springer 2010

A. Aichinger; Einzel- und Familientherapie mit Kindern, Springer 2012

G. Schmidt; Liebesaffären zwischen Problem und Lösung, Carl-Auer 2007

Gabriele Weiss; Kinderpsychodrama in der Heil- und Sozialpädagogik, Klett-Cotta 2010

 

 

Nach oben